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Erdbeeren in Muggenhof

Der Anbau von Nutz- oder Zierpflanzen auf engstem städtischen Raum - das ist die Definition von „Urban Gardening“. Der Stadtgarten in Nürnberg ist ein Beispiel für diese Form des modernen Gärtnerns.


Die Sonne strahlt an diesem Samstag auf das alte Quellegelände in Nürnberg, wo sich heute der Stadtgarten befindet. Xenia Mohr steht zwischen eng gestellten Pflanzkästen aus Kiefernholz. In den Beeten stehen kleine Schilder mit der Aufschrift „Zucchini“, „Minze“ oder „Himbeeren“. Mohr trägt ein gestreiftes Kleid und einen Sonnenhut. Kritisch beäugt sie die Johannisbeeren. „Hier an der Unterseite der Blätter habe ich Läuse entdeckt. Die behandle ich mit Wermut-Tee. Chemische Dünger setzen wir hier nicht ein“, erklärt sie.

In den Beeten von Xenia Mohr werden - unter anderem - Erdbeeren gepflanzt.


Im Jahr 2012 wurde der Nürnberger Stadtgarten durch eine Initiative des gemeinnützigen Vereins BLUEPINGU ins Leben gerufen. Das Ziel: den pflanzenarmen Stadtteil Muggenhof grüner gestalten. „An dem Ort, an dem wir den Garten zuerst angelegt haben, stehen heute Sozialwohnungen. Es war sehr viel Aufwand und Planung nötig, um alles umzusiedeln. Siedle mal einen Garten um!“, lacht die Nürnbergerin. Trotzdem erfreute sich der Verein an der Unterstützung zahlreicher Freiwilliger. Nicht nur aktive Mitglieder, auch Anwohner und sogar Baufirmen boten ihre Hilfe an.


Die Essbare Stadt


Seit 2019 bemüht sich die Stadt Nürnberg um den Titel „Essbare Stadt“ und legt den Fokus deshalb mehr auf Urban Gardening. Die Bepflanzung von städtischen Flächen mit Nutz- oder Zierpflanzen könnte allerdings noch ausgedehnt werden, meint Xenia Mohr. „Nürnberg hat eindeutig einen Nachteil, weil die Stadt sehr eng bebaut ist. Aber die Unterstützung der Stadt könnte trotzdem besser sein. Man könnte zum Beispiel auch in öffentlichen Parks Hochbeete bepflanzen.“ Urban Gardening tauchte das erste Mal in den 1970er Jahren in New York auf. Damals wollten Bewohner ein Stadtviertel attraktiver gestalten und Lebensmittel für Bedürftige ernten. 2009 hatte das urbane Gärtnern seinen Durchbruch in Berlin-Kreuzberg. Der „Prinzessinengarten“ wurde dort zusammen mit hunderten Helfern auf einer Fläche von 6.000 Quadratmetern angelegt.


Organisation durch Gießpläne


Aktuell gibt es 15-20 aktive Mitglieder in Nürnberg, die sich um die Pflanzenpflege kümmern. Eingeteilt wird das durch Gießpläne. Zusätzlich sendet der Verein wöchentlich eine Liste mit freiwilligen To-Dos per E-Mail. Mithilfe von einfachen Tricks stimmen sich die Mitglieder untereinander ab. „Hier steckt eine rote Flagge. Das heißt hier wurde etwas angesät. Der Nächste weiß dann, wo er gießen muss“, schildert Mohr. Samstags kochen die Mitglieder oft zusammen in der mobilen Küche, die ebenfalls Teil des Stadtgartens ist.


So sprechen sich die Gärtner ab: Kommunikation über Fähnchen. Rot heißt: „hier muss gegossen werden“.


Oberstes Ziel: ökologisches Wirtschaften


„Es geht uns hier nicht darum, so viel Ertrag wie möglich zu erhalten. Wir wollen ein ökologisches Gleichgewicht erreichen“, beschreibt Mohr. Für die Bepflanzung benutzen die Gärtner hauptsächlich samenfestes Samengut. Aus der Ernte von angebauten Pflanzen wird der Samen für eine neue Pflanzengeneration gewonnen. Es ergibt sich ein Kreislauf. Zusätzlich wird durch ein Insektenhaus Lebensraum für Bienen geschaffen.


Für Insekten bietet der Stadtgarten neuen Lebensraum im urbanen Umfeld.


Jungpflanzenverkauf im Frühjahr


Doch wie deckt der Verein die Kosten für Samengut, Pflanzkästen und Erde? Darauf hat Mohr eine Antwort: „Wir sind natürlich auf Spenden angewiesen. Trotzdem veranstalten wir auch einige Aktionen, um Einnahmen zu generieren. Im Frühjahr verkaufen wir beispielsweise Jungpflanzen an andere Gärtner weiter.“ Derartige Events müssen dieses Jahr ausfallen, denn aufgrund des Infektionsschutzes sind solche Veranstaltungen untersagt. „Normalerweise kann hier Samstag jeder vorbeischauen, der Lust hat. So kommen neue Mitglieder dazu, aber aktuell ist das aufgrund der Kontaktbeschränkungen nicht möglich“, fährt Xenia Mohr fort.


Soziale Medien als Perspektive


Eine Biene umkreist die gelbe Blüte der Bohnenpflanze. Die Gärtnerin zückt sofort ihr Handy. „Ich sammle immer Bilder für die sozialen Medien, damit unsere Follower einen Einblick bekommen“. Vielleicht können auch so neue Mitglieder gewonnen werden, bis der Stadtgarten seine Türen samstags wieder für alle Interessierten öffnen kann.

Xenia Mohr fotografiert begeistert die Gewächse, um sie mit den Followern zu teilen.

 
 

von Lisa-Marie Wala

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