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Biologische Landwirtschaft zum Anpacken

Auch für Biobauern spielen Lebensmittel in industriellen Mengen und Abhängigkeit von Marktpreisen eine Rolle. Solidarische Landwirtschaft dagegen steht für vielfältigen Biolandbau und neue Begegnungen zwischen Menschen.


Der Gärtnerhof Reginswind in Uffenheim liegt in unablässigem Regen, trotz des Sommers ist es herbstlich kühl. Pächter Heribert Hederer hält das nicht davon ab, barfuß auf dem Hof zu arbeiten. „Ich bin hier das ganze Jahr ohne Schuhe“, sagt er lachend. Nach einer kurzen Begrüßung führt er gleich in den hinteren Teil des Hofes durch den wilden Garten zu vier Gewächshäusern. In einem der Treibhäuser säen er und ein Mitarbeiter heute Salat und verschiedene Kohlsorten aus.

Links: Hederer (hinten) in einem seiner Gewächshäuser mit FÖJ-Mitarbeiter Gideon. Rechts: Frisch gesäter Salat. (Fotos: Anna Schuch)

Hederer ist mit seinem Biohof Teil von Stadt, Land, Beides, einer Nürnberger Initiative für solidarische Landwirtschaft, kurz Solawi. Diese Form der Landwirtschaft verfolgt die Absicht, Erzeuger und Verbraucher näher zueinander zu führen und Wirtschaftskreisläufe transparenter zu machen. Menschen unterstützen hierbei Höfe finanziell und packen selbst mit an, dafür erhalten sie einen Anteil der Ernte oder Erzeugnisse des Betriebs. Im Falle von Stadt, Land, Beides, sind alle Produkte biologisch. Die gesamte ökologische Landwirtschaft steht hier im Vordergrund, nicht das einzelne Obst und Gemüse. Denn auch die Biobranche ist nicht gefeit vor industrieller Produktion und der Abhängigkeit vom Handel – alles soll ganzjährig für den Verbraucher zur Verfügung stehen. An dieser Stelle steuert die solidarische Landwirtschaft entgegen. „Als Teil der Solawi sind die Menschen viel unmittelbarer an ihrem Lebensmittel. Sie erhalten regionale Bioware, aber eben saisonal“, sagt Hederer. Der Gedanke, der hinter dem Konzept steht, habe ihm schon vor 15 Jahren gefallen. Seit Frühjahr 2020 ist er nun Teil der Nürnberger Initiative, aktuell hat er 55 Ernteteiler.

Freitags ist der Hofladen in Uffenheim geöffnet. (Foto: Anna Schuch)

Da der Gärtnerhof Reginswind bereits vor der Solawi Bestand hatte, funktionierte die Direktvermarktung über Märkte und den eigenen Hofladen. Hederer ist wirtschaftlich also nicht von den Ernteteilern und deren Beiträgen abhängig, sie tragen schätzungsweise 20 Prozent der gesamten Kosten. Das ist auch der Fall bei den anderen fünf Höfen, die Teil von Stadt, Land, Beides sind. „Keiner der Betriebe bei uns wird zu 100 Prozent von der Solawi getragen. In Norddeutschland dagegen gibt es durchaus solche Fälle“, erklärt Charlotte Gebert, Mitgründerin der Nürnberger Initiative. Das Potenzial sei vorhanden, doch das Wachstum der Ernteteiler sei derzeit nicht groß genug. Die Mitglieder sind völlig unterschiedlich: Junge Menschen bishin zu Rentnern, Familien und auch Alleinstehende beteiligen sich an den Höfen. Viele bleiben jedoch nicht langfristig dabei. Dennoch haben sie alle einen sozialen Gedanken gemeinsam, wie Hederer meint. „Solawi heißt, die ökologische regionale Landwirtschaft zu unterstützen, nicht nur, frische Ernte zu bekommen. Das sind keine Menschen, denen es nur um die Lebensmittel geht, sondern um die Gesellschaft, soziale Veränderung und Solidarität.“ Zusammen schützen sie die Umwelt.

Ob er auch Herausforderungen an der solidarischen Landwirtschaft sieht? Sein Hof sei zu neu dabei, dennoch sei es ein großer Eingriff in einen bestehenden Betrieb. „Wenn zu viele Menschen Einfluss nehmen wollen, kann das für Differenzen sorgen“. Und auch Gebert sieht Verbesserungspotenzial. Einerseits wollen Menschen Teil der Solawi sein, sind jedoch nicht bereit, gewisse Bequemlichkeiten ihres Alltags aufzugeben. „Wenn ich viel frisches Gemüse zuhause habe, muss ich eben kochen und kann nicht essen gehen, wann ich möchte. Denn wegwerfen möchte die Lebensmittel schließlich niemand.“


Sechs Höfe sind Teil der Nürnberger Initiative Stadt, Land, Beides. (Karte: Google Maps)


Heribert Hederer darüber, was solidarische Landwirtschaft für ihn besonders macht. (Video: Anna Schuch)

von Anna Schuch

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