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Beton bröckelt, Holz wächst nach

Bauen verbraucht viele Ressourcen aus aller Welt. Architekten arbeiten mit Baustoffen wie Holz und Stroh, um nachhaltiger zu werden. Sie legen den Grundstein für langfristiges Bauen.

„Skaio“, das höchste Holzhochhaus Deutschlands. (Credit: Bernd Borchardt)


Hochhäuser aus Stahl und Glas und minimalistische Einfamilienhäuser aus Beton, aufgebaut in einem modernen Bauhausstil. Eine mögliche Vision für die Stadt der Zukunft. Aber Beton und Glas verbrauchen immer mehr Sand, welcher inzwischen sogar für manche Bauvorhaben importiert werden muss. Beton erzeugt zudem bis zu 8% des weltweiten Co2-Haushalts bei der Herstellung. Beide Materialien sind also nicht auf Dauer tauglich. Aus welchen Materialien werden Städte in Zukunft gebaut?


Trägt Holz die Zukunft?


Der Berliner Architekt Markus Lager hat einen Vorschlag: Hochhäuser aus Holz. Er designte das deutschlandweit höchste Holzhochhaus in Heilbronn: “Man hat eine Konstruktion, die ähnlich leistungsstark ist, aber in verschiedenen Bereichen noch nicht etabliert.“ Zehn Stockwerke umfasst das Hybridgebäude. Die Wände und Decken bestehen aus Holz, das Treppenhaus wurde aber mit Stahlbeton hergestellt. Das Schwierigste am Bauen mit dem Material ist laut Markus Lager nicht Feuer oder Schimmel, sondern ‚der Nachweis des Brandschutzes. Da war es vor allem die Rauchdichtigkeit, die zu mehr Planungsaufwand geführt hat.‘ Das Architektenbüro musste bedenken, wie Rauch im Fall eines Brandes durch das Gebäude zieht. Holz ist mit seinen kleinen Fugen dafür angreifbar. Die tragenden Elemente des Hauses sind jedoch bis zu 90 Minuten feuerfest. Das liegt auch an einer speziellen Beschichtung, die auf das Holz aufgetragen wurde. Nur 11 Monate brauchte es, bis das Gebäude fertig war. Möglich war dies durch Fertigteile, welche nur noch angebracht werden mussten. Eine schnelle Art des Bauens, die auch regional möglich ist.


Das Innenleben des Hochhauses: Moderne Bauweise mit klassischem Holz. (Credit: Bernd Borchardt)


Wände wachsen auf Wiesen


Auch in Franken beschäftigen sich Architekten mit regionalen Bausubstanzen. Die Architektin Sabine Rothfuß arbeitet mit einem Stoff, den man eigentlich aus der Landwirtschaft kennt: Sie baut mit Stroh. "Ich beschäftige mich ständig damit, um zu gucken, welche Möglichkeiten es gibt, ökologisch zu bauen. Stroh ist ein nachwachsender Rohstoff“, sagt die Architektin aus Theilenhofen. Im mittelfränkischen Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen hat sie ihr Büro. Der Stoff aus getrockneten Pflanzen wird einfach durch das Mähen von Wiesen erzeugt. Danach braucht es aber eine lange Trocknungszeit. „Es ist schon interessant, damit zu bauen. Vor allem, weil man die Stohballen so pressen kann, dass sie in ein Stützraster passen.“ sagt Rothfuß „Insofern bietet es sich schon an, Stroh als Wandbaustoff zu verwenden.“ Die Wände sind nach dem Pressen und Zuschneiden auch feuerbeständig. Da Flammen zum Brennen Sauerstoff brauchen, glimmen die Ballen nur, brennen aber nicht. Um noch mehr Schutz zu bieten, werden oft Lehm- oder Kalkschichten vor dem Stroh angebracht. Der Baustoff hat aber ein Problem: Wenn er nicht ausreichend getrocknet oder beim Bau nass wird, kann sich schnell Schimmel bilden. Die Architektin ist überzeugt: Je mehr Erfahrung im Umgang damit gesammelt wird, desto weniger Probleme treten auf.


Grafik: Kai Weidinger

Besonders wichtig ist beiden Architekten die Nachhaltigkeit. Holz und Stroh sind regional und erzeugen deshalb geringe Transportkosten, außerdem wird die heimische Wirtschaft gestärkt. Sabine Rothfuß sieht aber Schwierigkeiten: “Klar, wenn man das anfängt zu industrialisieren, um genügend Strohballen vorrätig zu haben, dann kann man die jederzeit verbauen.“ Sie bewertet aber andere Bauweisen als wirkungsvoller. Markus Lager ist überzeugt, dass Holz eine wichtige Rolle spielen wird: „Klar, das wird vielleicht nicht Standard werden, in unmittelbarer Zukunft. Wir selbst haben aber so immensen Zulauf erfahren, dass wir der Überzeugung sind, dass sich der Holzbau auf jeden Fall über kurz oder lang durchsetzen wird.“


Wissenschaftler des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung schätzen, dass bei einem Wandel der Bauindustrie 90% der Neubauten bis 2050 aus Holz sein könnten. Die Stadt der Zukunft könnte so nicht aus Beton und Stahl bestehen, sondern vielleicht auch aus althergebrachten Materialien, gepaart mit neuem architektonischem Wissen. Verbaut zu einer ressourcenfreundlichen Stadt.


von Kai Weidinger

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